Generalkonsul Alaimo ist nicht böse

Generalkonsul Giulio Alaimo ist keineswegs böse, er ist eine elegante Erscheinung, mit einer hübsch geknoteten Krawatte und einem Lächeln, das dich wohlig umhüllt und erobert. Jedenfalls auf den ersten Blick. Doch dann hängt es wie immer von der Menschenkenntnis jedes Einzelnen ab, ob man ein Lächeln, einen fein gebügelten Kragen und eine angedeutete Verbeugung richtig deuten kann.   

Als die italienischen Einwanderer in Luzern 62.000 der damals gültigen Franken zusammentrugen, um ihren Beitrag zur Einrichtung eines Treffpunktes, einer Heimstatt, eines Gemeinschaftshauses zu leisten, befand man sich just in den Jahren, die dem Zweiten Weltkrieg vorausgingen.

Fast ein Jahrhundert ist seitdem vergangen, und weder wir noch Generalkonsul Alaimo waren damals schon auf der Welt, weder wir noch Generalkonsul Alaimo können uns auch nur im Entferntesten vorstellen, was diese Menschen bei dem Gedanken empfanden, einen Unterschlupf in der Schweiz jener Zeiten zu haben, einen Unterschlupf, in dem sie sich geborgen fühlen konnten, ein Haus, das Eigentum Italiens, des Staates war, das aber eigentlich den Italienern aus Luzern gehörte und noch immer gehört.   

Aber die Tatsache, dass der sympathische Generalkonsul Giulio Alaimo sich bemüßigt fühlt, auf den Seiten des Corriere del Ticino bekannt zu geben, dass eine Gruppe  Italiener nun, hundert Jahre später, erfolglos versucht hat, Gelder zu sammeln, um ihre Casa (d’Italia) vor dem Verkauf zu retten – ein Schlag ins Wasser, auch dank eines Zeitdruck ausübenden Staates, der die Angelegenheit mit dem Feingefühl eines ausgelaugten Bestatters in Angriff genommen hat – beschwört nicht etwa einen Skandal herauf, sondern sie füllt einem die Augen mit unendlicher Traurigkeit und den Magen mit brennender Säure.

Die Unbedarftheit der Luzern-Italiener von heute, die überzeugt davon sind, dass sie Zeit und Mittel genug haben, um ihre Casa d’Italia zu retten, ähnelt derjenigen ihrer Landsleute in jenen weit zurückliegenden Jahren, denen man weismachte, dass dieses Haus, wenn man es nur den sicheren und starken Händen des Staates anvertraute, von diesem gewiss vor den unergründlichen Wechselfällen der Geschichte in Sicherheit gebracht werden würde,…, „denn der Staat sind ja wir“, werden sie gedacht haben.  

Dabei seid ihr keineswegs der Staat, liebe Luzerner, und auch wir sind es nicht. Wer dann der Staat sein soll, ist nicht überliefert. Momentan wissen wir nur so viel, dass er von Generalkonsul Giulio Alaimo würdig vertreten wird. 

Antonio Ravi Monica